Dass "Dann schicken Sie mir doch bitte gleich mal ein Angebot!" leider oft schon das Ende vom Anfang ist haben wir wohl schon alle schmerzlich lernen müssen. Nur allzu gerne werten wir die Aufforderung ein Angebot unterbreiten zu dürfen als erfolgreichen Abschluss unserer Akquisephase. Der potenzielle Auftraggeber scheint angetan von unserer Kompetenz und unserem Leistungsvermögen und möchte wohl unbedingt mit uns arbeiten. Leider häufig weit gefehlt!
Was, wenn der potenzielle Neukunde nur einen einfachen Weg sucht, unseren, für ihn lästigen Akquisebemühungen ein Ende zu setzen? Was, wenn er nur mal eben einen eigenen Proposal einpreisen muss, und gar nicht die Absicht hat, später mit uns zu arbeiten? Was, wenn er nach einem bequemen Weg sucht, sich eine Projektskizze schreiben zu lassen, die er in einer eigenen Empfehlung verwenden möchte? Was, wenn er nur das Angebot seines präferierten Partners oder der Inhouse-Ressource mit Hilfe von Vergleichsangeboten rechtfertigen will?
Die Chance, ein Angebot unterbreiten zu dürfen klingt oft so verlockend und motivierend, dass wir völlig vergessen, die objektiv richtigen Fragen zu stellen, bevor wir an die Arbeit gehen. Angebotsschreiben ist nämlich meist arbeitsaufwendig, manchmal frustrierend und bindet wichtige Ressourcen in der Agentur. Da werden Überstunden geschoben und wichtige Projekte zurückgestellt, um die "große Chance" nicht zu verpassen und dem potenziellen Neukunden beweisen zu können, wie schnell und flexibel die Agentur arbeiten kann. Und was kommt dann meist von der anderen Seite? Nichts! Außer mühsames Hinterhertelefonieren und Vertröstungen, Frust und Ärger. Außer Spesen ... , na ja, Sie wissen schon.
Die Erfahrung lehrt: Nur wenige Angebotsanfragen sind ehrlich gemeint und beruhen auf wohl-durchdachten Anforderungsprofilen, realistischen Budgetvorstellungen und klaren, erreichbaren Zielsetzungen.
Mein Tipp: Bevor Sie auch nur eine Zeile eines neuen Angebots schreiben und eine Menge Ressourcen binden, stellen Sie sich und dem Auftraggeber folgende wichtige Fragen:
- Braucht der Kunde Ihre Hilfe wirklich?
Welches Problem sollen Sie lösen helfen? Verfügen Sie über die notwendigen Erfahrungen und Kenntnisse, um hier wirklich helfen zu können? Hat der Kunde klare Vorstellungen von der Zielsetzung des Projekts? Sind diese realistisch?
- Gibt es ein adäquates Budget?
Hat der Kunde eine realistische Vorstellung davon, was die notwendigen Dienstleistungen ungefähr kosten dürfen? Ist das notwendige Budget bereits intern freigegeben? Hat der potenzielle Auftraggeber schon vergleichbare Projekte finanziert?
- Wer entscheidet wie?
Ist Ihre Kontaktperson autorisiert über die Auftragsvergabe alleine zu entscheiden oder gibt es andere Entscheider? Ist eventuell eine Einkaufsabteilung involviert (die dann mit Sicherheit noch einen fetten Rabatt auf die angebotenen Honorare verhandeln möchte)? Wie viele andere Mitbewerber werden aufgefordert anzubieten oder handelt es sich vielleicht sogar um eine offene Ausschreibung?
- Wie sieht das Timing aus?
Bis wann benötigt der potenzielle Auftraggeber Ihr Angebot? Wann wird er eine Entscheidung fällen? Was sind wichtige Milestones des späteren Projekts?
Stellen Sie mindestens diese vier Fragen (und diese fünfte [hier]), bevor Sie sich entscheiden, anzubieten und Sie werden sehr schnell merken, wie ernst es der potenzielle Auftraggeber wirklich meint, mit dem Projekt und dem Angebot. Ich garantiere Ihnen, Sie werden weniger Zeit in das Schreiben von Angeboten investieren, aber dort, wo Sie sich entscheiden anzubieten, werden Ihre Chancen den Auftrag zu erhalten, signifikant steigen.
Ein paar hilfreiche Praxis-Tipps dazu, wie Sie Ihre Angebote künftig besser und überzeugender strukturieren und gestalten können, finden Sie in zwei weiteren Post zu diesem Thema [hier] und [hier].