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10 schlimme Fehler auf Agentur-Webseiten, die Neugeschäft kosten.

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Wenn ich mit Werbetreibenden spreche, frage ich natürlich immer danach, wie Sie auf die eine oder andere Agentur aufmerksam geworden sind und was Sie letztlich dazu bewogen hat, mit einigen Kontakt aufzunehmen und mit anderen nicht. Und wenn ich werbetreibenden Unternehmen helfe, die richtige Agentur zu finden, bin ich selbst in der Situation, potenzielle Longlist-Kandidaten zu selektieren. Es wird Sie wenig überraschen, aber die Website ist dabei eine durchaus wichtiger Filter. Sie entscheidet darüber, ob Ihre Agentur in die Longlist aufgenommen und kontaktiert wird oder bereits im Vorfeld aussortiert und gar nicht erst die Chance bekommt, sich um einen vielleicht attraktiven Etat zu bewerben. Und das Schlimmste: Von all dem bekommen Sie als New-Business-Verantwortlicher in der Regel gar nichts mit.

Die Website einer Agentur ist eines ihrer wichtigsten New-Business-Tools. Schließlich übernimmt sie schon sehr früh im Entscheidungsprozess der Werbetreibenden eine wichtige Schlüsselrolle und entscheidet darüber, ob es eine Agentur auf die Longlist begehrter Kunden schafft oder nicht.

Auch die Fachpresse stellt Agenturen beziehungsweise deren Webseiten eher schlechte Noten aus: Die W&V schreibt [hier] anlässlich ihres vorläufig 2013 zuletzt durchgeführten Wettbewerbs für die besten Agentur-Webseiten in Deutschland: "Trotz vielfach aufgefrischter Inhalte tun sich viele Agenturen offenbar noch immer schwer damit, die Balance zwischen einer übersichtlichen Seitengestaltung, die auch auf mobilen Endgeräten einwandfrei und schnell funktioniert, und kreativer Aufmachung zu finden. Entweder ergehen sie sich in einer über-ambitionierten Gestaltung oder liefern Seiten ab, die eher dem ähneln, was man von einem bodenständigen Versicherer erwarten würde.".

Gehen Sie ruhig davon aus, dass so gut wie jeder potenzielle Neukunde auf Ihre Website schaut, bevor er sich entscheidet, ob er zum Hörer greifen und einen Termin vereinbaren oder sich anderweitig umsehen will. Und wonach suchen die Entscheider und Entscheidungsvorbereiter auf Ihrer Website? Leider habe ich keine repräsentative Untersuchung gefunden, die uns eine klare Antwort geben könnte (Falls Sie eine kennen, bitte her damit!). Aber die Antwort können Sie sich auch ganz leicht selbst geben. Gehen Sie davon aus, dass Werbetreibende auf Agentursuche ein Anforderungsprofil definiert haben und nun auf Ihrer Website nach Antworten auf die Wichtigsten, in ihrem Suchprofil definierten Fragen suchen:

  • Hat diese Agentur Erfahrung in meinem Markt, mit meiner Zielgruppe und mit der Lösung von Problemen, die unserem Problem ähneln?
  • Entspricht die Agentur in etwa der Größe von Agentur, die wir uns als idealen Partner vorstellen?
  • Arbeitet die Agentur für anspruchsvolle, renommierte Marken und Auftraggeber?
  • Wer sind die wichtigen Köpfe hinter der Agentur und könnten wir uns vorstellen mit denen zu arbeiten?
  • Macht die Agentur insgesamt einen professionellen Eindruck?
  • Gehört die Agentur zu einem internationalen Network oder ist sie inhabergeführt?
  • Wen kann ich wie kontaktieren?

Hier kommen nun endlich die meistgenannten Gründe, warum Marketingentscheider Agentur-Webseiten enttäuscht verlassen und in der Folge attraktives Geschäft zu Mitbewerber wandert:

Klassisches Beispiel für eine Agentur, die vorgibt eigentlich fast alles zu können, nur um ja nicht eventuell einen potenziellen Neukunden zu vergraulen. Das Risiko, damit in der Masse von Full-Service-360-Grad-Universal-Agenturen gesichtslos zu versinken, geht man bei projektil scheinbar ein.


Fehler 1: Nebulöse Positionierung
Das, was Agenturen ihren Kunden am häufigsten und oft am nachdrücklichsten empfehlen, nämlich eine alleinstellende, spitze und relevante Positionierung anzustreben, fällt den meisten Agenturen selbst am schwersten. Warum Agenturen am vordringlichsten daran arbeiten sollten, sich klarer zu positionieren, habe ich in einigen Beträgen [hier] und [hier] bereits begründet. Das Phänomen der Positionierungsphobie zeigt sich aber gerade bei vielen Agentur-Websites besonders deutlich. Statt bereits auf der Landing-Page in ein, zwei gut formulierten Sätzen klar und unmissverständlich zu sagen, was man für ein Agenturpartner für wen sein möchte (Ihr Elevator-Pitch) versuchen die Meisten den Eindruck zu erwecken, dass sie eigentlich alles können und für jeden Kunden die richtige Wahl seien. Viele Agenturen scheinen es dermaßen verbissen darauf anzulegen, möglichst keinen potenziellen Neukunden zu verschrecken und tunlichst attraktiv für jeden zu sein und deswegen so abgeschliffen und vage formulieren, dass sie letztlich auf Niemanden mehr interessant und spannend wirken.

Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass kaum ein Marketingentscheider ernsthaft nach einer Agentur sucht, die alles kann. Die meisten haben ein klares, spitzes  Anforderungsprofil und die Agentur, der es gelingt, schnell und glaubwürdig darzustellen, dass sie genau diesem Suchprofil entspricht, hat den Etat schon so gut wie in der Tasche.

Mein Praxis-Tipp: Finden Sie Ihre Positionierung, bevor Sie Ihre Website überarbeiten. Sagen Sie an prominenter Stelle klar und deutlich, was Sie besonders gut können und für wen Sie als Agentur der perfekte Partner wären.

Fehler 2: Anbiedern, statt polarisieren.
Schnell ... Denken Sie mal an drei starke, erfolgreiche Marken! Wetten, diese Marken haben jede Menge treue Anhänger, aber sicher auch viele, viele Feinde. Die einen lieben Sie, die anderen hassen sie. Viele Agenturen versuchen ihre Websites so lange rundzulutschen, bis alle Ecken und Kanten fehlen. Bloß nicht Falsches sagen! Bloß keinen potenziellen Kunden vergrätzen. Übrig bleibt der berühmte Pudding, den man bekanntlich nicht an die Wand nageln kann. Potenzielle Kunden verstehen nicht, wofür Ihre Agentur steht, was sie absetzt von der Masse. Und ziehen letztlich weiter, zu den Agenturen, die eine klare Haltung haben.

Mein Praxis-Tipp: Beziehen Sie Position! Sagen Sie in klaren Worten, wofür Sie stehen, was Ihre Agentur besonders macht. Welche Haltung Sie zu wichtigen, relevanten Themen haben.

Typisches Beispiel für eine Teampräsentation, die es Werbetreibenden schwer macht, die wirklich wichtigen Köpfe hinter der Agentur zu finden, aber Headhuntern leicht macht, gesuchte Talente abzuwerben. Die Seite lässt sich um Längen nach unten scrolen und zeigt fast alle Mitarbeiter. (Abbidlung: Screenshot www.pahnke.de)

Die Website von Grabarz & Partner ist für mich so ein Beispiel von falsch verstandener Kreativität. Hier landet man scheinbar, statt auf der Agentur-Website auf dem Schreibtisch einer Mitarbeiterin, von wo aus man sich mühsam zu den gesuchten Informationen durchklicken muss. Beim ersten Mal vielleicht verblüffend und (je nach Witzgruppe) lustig, aber spätestens beim zweiten Besuch nur noch lästig und blöde.

Trendiges Tile-Design, wie hier bei der Website der Agentur heimat ist nicht gerade hilfreich, wenn Entscheider von werbetreibenden Unternehmen eilig auf der Siche nach Basisinformationen sind.

Bei Lukas Lindemann Rosinski konnte man wohl der Versuchung nicht wiederstehen, eine technisch anspruchsvolle Website programmieren zu lassen, mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass die Website auf mobilen Endgeräten gar nicht funktioniert.

Fehler 3: Versteckte Führungskräfte
So nett gemeint, es ist, einen Hauch von Gleichberechtigung und Wertschätzung verbreiten zu wollen, indem man Hierachien aufbricht und auf der Agentur-Website wahlweise alle Mitarbeiter gleichberechtigt nebeneinanderstellt oder überhaupt nur ausgewählte Mitarbeiter (vorzugsweise, den neuen Prakti oder die neue Kraft am Empfang) vorstellt, Entscheider wollen wissen, wer die Agentur prägt, wer die Führungskräfte sind, mit denen man es zu tun hätte, würde man mit einer Agentur zusammenarbeiten. Muss man die erst mühselig aus Gruppenfotos heraussuchen und findet man keine befriedigenden Informationen über deren Erfahrung und Haltung, hat die Agentur schon so gut wie verloren.

Mein Praxis-Tipp: Stellen Sie die prägenden Köpfe der Führungsetage in einem gesonderten Bereich Ihrer Website vor. Achten Sie dabei darauf, dass Besucher schnell verstehen, was die Persönlichkeit Ihrer Führungsmannschaft ausmacht, welche wichtigen Erfahrungen diese mitbringen und welche Haltung sie haben, zu relevanten Themen. Für alle anderen Mitarbeiter ist die geeignete Bühne der Blog Ihrer Agentur.

Noch eine gut gemeinte Warnung: Wer seine komplette Mannschaft auf seine Website präsentiert, macht es Headhuntern besonders leicht, gesuchte Talente abzuwerben.

Fehler 4: Übertriebene Simplizität
Wenn es um Websites geht, bin ich begeisterter Anhänger von Simplizität. Aber bitte nicht übertreiben. Wie schon Einstein sagte: "Alles sollte so einfach wie möglich sein - aber nicht einfacher." Agenturwebsites, die zum Beispiel nur aus einer Kontaktadresse bestehen sind frustrierend für Informationssuchende und können leicht zum Abbruch der Suche und zum frühen Ausschluss aus der Longlist führen. Flatdesign hingegen halte ich für einen sinnvollen Trend, der eine schnelle Informationsverarbeitung unterstützt. One-Page-Design kann auch helfen Komplexität abzubauen, allerdings nur, wenn man nicht unendlich Scrollen muss, um an die gewünschten Informationen zu gelangen.

Fehler 5: Agentur-, statt Kundenperspektive
Noch so ein klassischer Fall von Schusterskinder mit schlechten Schuhen: Empfehlen nicht fast alle guten Agenturen ihren Kunden, darüber zu reden, welchen individuellen Nutzen ein bestimmtes Produkt beziehungsweise eine Dienstleistung bietet, statt stolz und selbstverliebt nur Produkteigenschaften aufzulisten? Auf ihren Websites scheinen sie diese wichtige Marketingweisheit komplett zu vergessen. Nur selten liest man dort, welchen Nutzen die Agentur für ihre Kunden bietet, welchen konkreten Mehrwert ihre Arbeit erwirtschaften hilft.

Dr. Anette Lamberts, Head of Corporate Marketing Group Communications bei Munich RE, erläutert im Rahmen des Crea Award 2014, worauf es bei Agenturen ankommt: „Die Agentur muss [...] potentiellen Kunden, auf schnelle Art und Weise verständlich machen, warum die Leistung der Agentur für sie relevant sein kann. Also: What’s in it for me?

Fehler 6: Aktuelle Banalitäten, statt Erfolgsgeschichten
"Content ist King" ist ein oft falschverstandenes Mantra der Inbound-Marketing-Prediger und so meint man bei vielen Agenturen die wichtige Landing-Page der Agentur-Webseite vollpflastern zu müssen mit teils banalen "News" á là "Unser neuer Prakti war Deutscher Meister im Skateboarden" oder "Fiffi, der Agenturhund hat genug von der Hitze." Was Entscheider wirklich lesen wollen sind Erfolgsgeschichten, gut aufbereitete Case-Stories mit Relevanz für die individuelle Herausforderung des potenziellen Neukunden. Wie man gute Case-Stories schreibt und warum Fallstudien eines der wichtigsten New-Business-Tools für Agenturen sind, erzähle ich Ihnen in einer Reihe von Beiträgen, beginnend mit diesem [hier].

Fehler 7: Fehlende Struktur
Entscheider haben in der Regel wenig Zeit und benötigen schnell die nötigen Informationen, um eine informierte Entscheidung fällen zu können. Meist haben sie eine Batterie von Fragen im Kopf, auf die sie zügig Antworten suchen, auf den Websites potenzieller Agenturpartner. Sie wollen schnell die wichtigsten Punkte ihrer Checklisten abhaken, Antworten auf Fragen, nach der Agenturgröße, Markterfahrungen, Kernkompetenzen, Referenzen etc. Je schneller Entscheider diese Informationen auf Ihrer Website finden, desto größer die Chance, in das Relevant-Set beziehungsweise auf die Shortlist potenziell interessanter Neukunden zu gelangen.

Mein Praxis-Tipp: Überlegen Sie sich, nach welchen Informationen potenzielle Neukunden (das gilt natürlich auch für potenzielle Mitarbeiter) auf Ihrer Website höchstwahrscheinlich suchen. Strukturieren Sie Ihre Website so, dass Entscheider hilfreiche Antworten auf potenzielle Fragen schnell mit nur einem Klick finden.

Und noch ein Tipp: So banal es klingt, sorgen Sie dafür, dass Entscheider oder deren Entscheidungsvorbereiter wichtige Informationen im Copy-and-Paste-Verfahren aus Ihrer Website einfach und zeitsparend in ihre Dokumente übernehmen können.

Fehler 8: Technikverliebtheit
Ständig entwickeln findige Programmierer neue Möglichkeiten der Website-Gestaltung, aber müssen denn wirklich alle Agenturen ihre Websites mit Bewegungsparallaxe-Effekt programmieren lassen, nur weil jemand den Parallax-Scroll-Effekt erfunden hat? Auch bei der Gestaltung von Agentur-Webseiten sollte eines der wichtigsten Grundprinzipien des Design Anwendung finden. "Form follows Function." Nicht alles was grundsätzlich möglich ist muss auch gemacht werden.

Fehler 9: Falsch verstandene Kreativität
Natürlich möchte fast jede Agentur beweisen, welch großartiges kreatives Potenzial in ihr steckt. Aber ist die Agentur-Website wirklich der passende Ort dafür? Genau wie im richtigen Leben, sprich im Markt, gibt es immer noch Agenturen, die nicht verstanden haben, dass sie nicht dafür bezahlt werden Kunstwerke zu schaffen, sondern  ihr kreatives Potenzial auf die Lösung von Kommunikations- beziehungsweise Business-Problemen ihrer Auftraggeber lenken müssen. Deren Webseiten sind teilweise so vermeintlich kreativ überfrachtet, dass sie bestenfalls unterhaltenden Charakter haben, aber sicher nicht dazu beitragen, bei potenziell interessierten Neukunden auf die Longlist zu gelangen.

Fehler 10: Mangelnde Nutzbarkeit auf mobilen Endgeräten
Immer wieder erstaunlich wie viele Webseiten von Agenturen nicht wirklich voll nutzbar sind auf mobilen Endgeräten. Dabei ist das Programmieren von geräteunabhängigen Websites Dank Adaptive- beziehungsweise Responsive-Design-Lösungen doch heute einfacher denn je. Neueste Untersuchungen zeigen, dass ein relevanter Anteil von Zugriffen auf Agenturwebseiten über mobile Geräte erfolgt. Und glauben Sie nicht, dass alle Entscheider die vergeblich versucht haben, Ihre Web-Präsenz vom Blackberry aufzurufen, später zurück im Büro weiterhin daran denken, vom Office-PC noch einmal zurückzukehren. Falls Sie also entscheiden müssen zwischen einem vermeintlich begeisternden Feature und einer auf allen mobilen Endgeräten perfekt funktionieren Website, optieren Sie bitte für letzteres.

Natürlich ist auch mir klar, dass die Webseiten von Agenturen oft verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen sollen. Da soll die Agentur ja nicht nur für potenzielle Neukunden attraktiv erscheinen, sondern auch neue Talente anziehen. Bestandskunden, wie Mitarbeiter sollen an ihre Agentur gebunden werden und oft ist die Website mit einem Blog integraler Bestandteil einer Content-Marketing-Strategie. Das macht es nicht gerade einfacher, die Website als effektives New-Business-Tool optimal zu gestalten. Hier muss die Agentur Entscheidungen treffen oder überlegen, verschiedene Websites für unterschiedliche Zielgruppen und Stakeholder bereit zu stellen, die sich dann inhaltlich fokussieren können.

Und bitte verstehen Sie mich nicht falsch, der New Business Doctor ist alles andere, als ein Experte in der Gestaltung und Programmierung von Webseiten. Mir ging es hier darum, darzustellen, was Werbetreibende oder besser gesagt potenzielle Neukunden von einer Agentur-Website erwarten und vor allem, warum so viele Websites enttäuschen beziehungsweise warum Ihre Website der Grund dafür sein kann, dass sich potenziell interessante Neukunden nie bei Ihnen melden.

Falls Sie sich jetzt fragen, ob auch Ihre Agentur-Website potenzielle Neukunden vergrault, könnten Sie dem New Business Doctor einfach einen Link schicken und ihn bitten, mal einen einfachen Praxis-Check durchzuführen. Was haben Sie schon zu verlieren, außer ein paar Neukunden?


Anregung für die Neugestaltung seiner Agenturwebsite finden Sie im WebsiteCheck Ranking 2013/2014 des PR-Journals [hier], den Gewinnern der Awwwards [hier], eine Empfehlung des WEB DESIGNER HUB 201 [hier], die "13 Ad Agencies With The Most Unforgettable Websites In The Business" des Business Insiders [hier],