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Profitabilitätsfeind #1: Die wundersame Aufwandsvermehrung und wie Sie sie wirksam bekämpfen.

Urheber:  rangizzz für www.123rf.de

Kennen Sie das: Da hat man hart um das neue, vermeintlich attraktive Projekt verhandelt, der Kunde hat versichert, dass alles bestens vorbereitet, die Entscheidungswege kurz und die Umsetzung ein Spaziergang sein würden, und nun sind die einstmals kalkulierten Stunden längst überschritten und Marge sowie Laune schmelzen mit jedem Tag weiter dahin.

«Scope Creep» nennen unsere amerikanischen Kollegen dieses Phänomen der wundersamen Aufwandsvermehrung, das vielen Agenturen immer wieder zu schaffen macht und ihnen die Margen böse verhagelt.

In diesem Beitrag möchte ich Sie auf die häufigsten Fehler aufmerksam machen, die letztlich zu Scope Creep und damit sinkender Profitabilität und Frust führen und Ihnen ein paar Praxis-Tipps geben, wie Sie diese wundersame Aufwandsvermehrung künftig weitgehend vermeiden und Ihre Marge sichern können.

Nun wäre gegen ein Anwachsen des Auftragsvolumens grundsätzlich ja nichts einzuwenden, aber in den meisten Fällen, sind Projektaufträge ja mit einem Festhonorar gedeckelt oder durch einen Retainer abgedeckt und dann reduziert jede vorher nicht kalkulierte Arbeitsstunde die Profitabilität des Projektes gnadenlos.

Was sind nun aber die ersten gefährlichen Anzeichen für Scope Creep beziehungsweise welche Fehler lassen sich vermeiden um der wundersamen Aufwandsvermehrung zu entgegnen, die bei Festpreisangeboten oder Retainern ja eigentlich immer zu Lasten der Agentur beziehungsweise des Freelancers gehen? Hier kommen ein paar typische Szenarien, die künftig alle Alarmglocken aktivieren sollten:

Wikipedia schreibt:
Scope creep can be a result of:

  • poor change control
  • lack of proper initial identification of what is required to bring about the project objectives
  • weak project manager or
    executive sponsor
  • poor communication
    between parties

1. Nebelbomben.
Wenn ein Auftraggeber Sie um ein Festpreisangebot bittet, ohne ein präzises Briefing, ohne klare Definition seiner Erwartungshaltung und ohne bereit zu sein, ein detailliertes Pflichtenheft zusammen mit Ihnen zu erstellen, lassen Sie die Finger von dem Projekt. Solche Kunden versuchen Sie mit lockeren Floskeln wie «Jetzt stellt euch nicht so an!», « Solche Pipi-Jobs habt Ihr doch schon hundertfach gestemmt.» oder «Bevor ich ein Pflichtenheft schreibe, habe ich den Job doch schon intern erledigt.» zu einem schnellen Festpreisangebot zu drängen, nur um dann später ihre Erwartungshaltung immer weiter nach oben und Ihren Profit immer weiter nach unten zu schrauben.

2. Am liebsten gestern!
Selbst wenn es Ihnen gelungen ist, Ihrem Kunden die Deliverables eines Projektes aus der Nase zu ziehen, müssen Sie sich noch auf konkrete Timings verständigen. Nichts ist schlimmer, als ein Job, den sie zum Deckungsbeitrag kalkuliert haben, um Festangestellte auszulasten und plötzlich teure Freelancer zukaufen müssen, um die engen Timings Ihres Auftraggebers halten zu können. Wenn Sie nicht wirklich verstehen, welche Deliverables wichtige Milestones für das Projekt darstellen und wann diese erledigt sein müssen, lassen Sie die Finger von Pauschalangeboten.

3. Wer liefert was?
Ich war gerade wieder in ein aufwändiges Website-Projekt involviert, bei dem sich die Agentur zu einem Festhonorar hat überreden lassen. Auf der Basis von «Den meisten Content liefern Ihnen doch eh meine Leute.» hatte sich die Agentur dann auch noch einmal im Preis drücken lassen. Sie ahnen es schon: Der vermeintlich perfekte Content war Schrott und die Agentur musste sich letztlich selbst um Texte und Bilder kümmern. Ganz zu schweigen von mindesten 10 zeitaufwendigen Interviews mit Abteilungsleitern und Spezialisten, um bestimmte Rubriken der Website überhaupt mit attraktiven Inhalten füllen zu können.

4. Da muss ich noch mal Müller ins Boot holen.
Bleiben wir mal bei dem oben beschriebenen Website-Projekt, bei dem Sie dann nach der dritten Überarbeitungsrunde erfahren müssen, dass der eigentliche Entscheider, den Sie bisher noch gar nicht kennen gelernt hatten, offensichtlich völlig andere Vorstellungen hat, als Ihr Auftraggeber (Mr. Das-entscheiden-wir-alles-auf-dem-kleinen-Dienstweg). Dann mal Viel Erfolg dabei, die Nachkalkulation durchzusetzen, wenn Sie noch jemals wieder Geschäft mit diesem Kunden machen wollen.

Nun kann es ja keine Lösung sein, in all diesen (leider!) häufig vorkommenden Fällen auf vielleicht durchaus attraktive Projekte mit Rücksicht auf die Profitabilität zu verzichten, höre ich Sie sagen. Richtig! Mir ging es im ersten Schritt darum, dass Sie künftig frühzeitig erkennen, wo die möglichen Rentabilitätsfallen liegen könnten.

Im zweiten Schritt möchte ich Sie motivieren, die nötigen und richtigen Fragen zu stellen und neue Projekte zusammen mit Ihrem Kunden künftig möglichst wasserdicht und präzise zu projektieren. Sich gemeinsam zu verständigen auf Projektziele, Deliverables (von beiden Seiten!), Milestones, Timings sowie Entscheidungsprozesse und -wege. Sie helfen nicht nur sich, sondern auch ihrem Auftraggeber Scope Creep zu vermeiden und ihre Partnerschaft nicht durch für beide Seite unangenehme Nachverhandlungen, oft verbunden mit Schuldzuweisungen, zu belasten.