Regelmäßig im Frühsommer verkünden die Münchener Brauereien, dass die Mass Bier auf dem nächsten Oktoberfest leider wieder teurer wird. Es folgt reflexmäßig ein kurzes, gemeinschaftliches Aufregen in der Lokalpresse und an bayerischen Stammtischen, aber spätestens zum Anstich sitzen wieder alle in ihren Lederhosen in den Bierzelten und haben die neuen Preise längst geschluckt (, um mal im Bild zu bleiben). Daran, dass Vieles regelmäßig teurer wird, haben wir uns alle längst gewöhnt, aber wehe, wenn wir als Kreativdienstleister unsere Stundensätze erhöhen wollen? Werden Kunden dies zum Anlass nehmen, ihre Agenturbeziehung zu überprüfen oder gleich kündigen?
Aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit Werbungtreibenden kann ich sagen, dass die Angst der Agenturmanager Preiserhöhungen durch zu setzen oft weit größer sind, als das tatsächliche Risiko- und Konfliktpotenzial zur Kundenseite. Also Brust raus und ran an die längst fällige Erhöhung der Stundensätze!
Hier sind sechs Tipps, wie das mit der Preiserhöhung am besten klappt:
1. Die Erhöhung Ihrer Stundensätze sollte kein jährlicher Automatismus werden; so, als müssten Sie die jährliche Inflationsrate irgendwie ausgleichen. Ein solches Verhalten lässt Sie aussehen, wie einen Lieferanten von austauschbaren Gütern und passt nicht zu einem seriösen Beratungsunternehmen. Begründete Erhöhungen alle drei bis fünf Jahre sind OK.
2. Erhöhen Sie Ihre Stundensätze merklich oder gar nicht. Minimale Erhöhungen sind den Aufwand und das Risiko nicht wert. 20 Prozent sollten schon drin sein, wenn die Begründung und Ihre Leistung stimmen.
3. Sollten Sie ernsthafte Bedenken haben, dass die geplante Erhöhung eine gewachsene Kundenbeziehung gefährden könnte, beschränken Sie die Erhöhung zunächst auf neue Kunden. In diesem Fall ist Kundenfluktuation der Freund Ihres Controlling.
4. Kündigen Sie geplante Preiserhöhungen mit erheblichem Vorlauf an (mindestens 3 Monate) und stellen Sie Rechnungen nach dem angekündigten Stichtag kommentarlos mit den neuen Stundensätzen aus. Erfahrungsgemäß ist das Aufregungspotenzial niedriger, je weiter der Preiserhöhungstermin noch in der Ferne liegt. Ist der Tag dann gekommen, haben sich Ihre Kunden irgendwie daran gewöhnt und zahlen die höheren Stundensätze meist kommentarlos.
5. Positionieren Sie die geplante Preiserhöhung als einen gut durchdachten, strategischen Schritt, als Ergebnis intensiver Analysen, bestenfalls durch externe Berater. Das kennen die meisten Kunden aus eigener Erfahrung und man kann herrlich gemeinsam auf diese gierigen Berater schimpfen.
6. Geben Sie Ihren Kunden eine Wahlmöglichkeit. Niemand möchte die sprichwörtliche Pistole auf die Brust gesetzt bekommen und sich an die Wand gedrückt fühlen. Selbst die Wahl zwischen zwei unseligen Alternativen ist besser, als gar keine. Bieten Sie zum Beispiel an, den alten Stundensatz zu halten, wenn man Ihnen zusätzliche Projekte überträgt oder die Leistungen bei gleichbleibendem Jahreshonorar einzuschränken oder dem Kunden Wege aufzuzeigen, der Agentur überflüssigen Aufwand zu ersparen, zum Beispiel durch besser vorbereite Jobs und Briefings etc. So lassen sich höhere Stundensätze durch effektiveren Einsatz der Agentur wieder ausgleichen.
Wenn Sie Ihre Honorarhöhung clever vorbereiten und gut argumentieren, ist das Konfliktpotenzial meist deutlich geringer, als Sie vielleicht denken. Auch Ihre Kunden erhöhen ihre Preise regelmäßig, und professionelle Auftraggeber wissen und wollen, dass auch ihre Dienstleister profitabel arbeiten müssen und können.
Übrigens ist das Honorarniveau Ihrer Agentur immer auch ein wichtiges Positionierungsmerkmal gegenüber potenziellen neuen Kunden, reflektiert es doch bestenfalls auch den potenziellen Mehrwert Ihrer Leistungen und hat Auswirkungen auf die Achtung, die man den Empfehlungen und Lösungen Ihrer Agentur entgegenbringt.
Welche Alternativen Sie als Agenturmanager oder Freelancer haben, Ihre Profitabilität zu steigern, ohne den möglicherweise risikoreichen Weg einer Erhöhung der Stundensätze gehen zu müssen, lesen Sie in meinem Beitrag «Stundensätze rauf oder lieber doch nicht?». Mehr Interessantes rund um das Thema Agenturstundensätze auch in meinen Beiträgen «Wie Sie Ihre Agenturstundensätze steigern und ein Grund, es vielleicht nicht zu müssen (Teil 1).» und «Wie Sie Ihre Agenturstundensätze steigern und ein Grund, es vielleicht nicht zu müssen (Teil 2).»