Warum unterbezahlt für Agenturen schlimmer ist, als übereifrig.
Price Dumping betreiben wir Agenturleute ja schon gerne am Anfang eines Projektes. Und das meist deshalb, weil wir Angst haben, das begehrte Projekt sonst erst gar nicht zu bekommen, weil es uns bisher nicht gelungen ist, unseren Mehrwert glaubwürdig darzustellen, weil die Agentur voll mit Talenten ist, die sonst in ihren hochbezahlten Nasen bohren oder weil wir der naïven Vorstellung unterliegen, uns mit Hilfe dieses schlecht bezahlten Projektes ungeahnte Chancen zu eröffnen, auf weitere, hochprofitable Jobs in der Zukunft. Muss ich dazu noch etwas sagen ...
Übereifer beziehungsweise Mehrarbeit entsteht dann meist ganz von alleine im Laufe eines Projektes. Die Gründe hierfür sind ein wenig komplexer:
- Da ist der Kreative, der sich in eine Idee verrennt und diese hochmotiviert verfolgt, ohne, dass seine Stunden kalkuliert, geschweige denn abrechenbar sind.
- Dann ist da der kundenorientierte, dienstleistungsbereite Kontakter / Project Manager, der seinem geliebten Kunden einfach keinen Wunsch abschlagen kann und noch hier und da ein paar extra Projektchen ins Kreativ Team einbrieft. Selbstverständlich ohne den Kunden mit einer kleinlichen Nachkalkulation zu belästigen. Scope Creep nennen das unsere angelsächsischen Kollegen und was man gegen dieses fiesen Profitabilitätskiller unternehmen kann, habe ich schon im meinem Beitrag «Profitabilitätsfeind #1: Die wundersame Aufwandsvermehrung und wie Sie sie wirksam bekämpfen.» verraten.
- Nicht-weiterberechenbare Mehrarbeit entsteht aber auch, wenn dem Kunden unsere Lösungen nicht gefallen und wir «noch mal ran» müssen. Und unser Kunden hat dann noch einen Vorgesetzten und eine Ehefrau, die auch Meinungen haben und so drehen wir unbezahlte Extrarunde nach Extrarunde. Sie kennen das.
- Oder der liebe Kunde hat angedeutet, dass auch andere Agentur-Networks attraktive Töchter haben und da müssen wir uns natürlich noch ein wenig mehr anstrengen, als das Budget hergibt.
Aber warum, um Himmels Willen, soll den nun Price Dumping gefährlicher sein, als Übereifer?
Weil es den wenigsten Agenturen gelingt, knapp kalkulierte Projekte auch wirklich effizienter umzusetzen, als normal kalkulierte. Der Appell des Managements, auf diesem (schlecht bezahlten) Projekt nun aber bitte besonders effizient zu arbeiten, trifft auf taube Kreativohren. Wenn die Agenturmaschinerie erst einmal angelaufen ist, fragt keiner mehr, was hängen bleibt, bei diesem oder jenen Job. Und so ist eigentlich schon von vorneherein klar, dass das Dumping-Angebot auch noch die Profitabilität der Agentur verhagelt.
Ich wünschte es gäbe mehr Agenturmanager mit breitem Rückgrat, die endlich damit aufhören, vermeintliche Neugeschäftschancen in den Abfällen der erfolgreicheren Konkurrenz zu suchen.
Wenn Sie schon beim Fundament (der ehrlichen Kalkulation) fuschen ist es nämlich völlig unerheblich, wie gut sich das neue Kundenlogo auf Ihrer Referenzliste macht. Sie haben es mit Verlust eingekauft. Und früher, als Sie «reduzierter Tagessatz» sagen können, jagen solche Kunden schon wieder dem nächsten Schnäppchen hinterher.
Das Honorar zu bekommen, dass Ihre gute Arbeit wert ist, sollte aber nur ein erstes Etappenziel sein. Das wahre Ziel muss sein, Premiumhonorare durchzusetzen. Und das schaffen Sie nur, mit einem Versprechen, dass Sie einzigartig macht.