Wenn eine gute Kunden-Agentur-Beziehung so etwas wie eine Ehe ist, wie viele behaupten, dann ist New Business so etwas wie ein Datingprozess. Erstaunlich nur, dass sich so viele Agenturen und New-Business-Verantwortliche verhalten, wie bedürftige Zecher auf dem Oktoberfest, die am Ende des Wiesntags einfach jede mitnehmen, die willig ist, und sei sie noch so unattraktiv.
Wie bei der Partnersuche geht es doch auch beim New Business darum, eine klare Vorstellung zu entwickeln, wie der künftige Traumpartner, die künftige Traumpartnerin aussehen und sein soll, bevor man auf die Balz geht. Und wie beim Speeddating sollte man frühzeitig und mutig die richtigen Fragen stellen, bevor man sich entscheidet, mehr in eine sich anbahnende Beziehung zu investieren.
In diesem Beitrag möchte ich den Neugeschäftsjägern in den Agenturen einige Tipps geben, wie sie potenziell gute von schlechten Neukundenkandidaten unterscheiden können.
Agenturen, die bei der Selektion potenzieller Neukunden Fehler machen, womöglich jedem Pitchangebot hinterherrennen, ganz gleich, ob der potenzielle Neukunde ins Suchraster beziehungsweise zur Agentur passt oder nicht, vergeuden wertvolle Ressourcen, die sie zur Gewinnung der Traumkunden dringend benötigen und schaden letztlich der Agentur.
Kunden sind, wie sie sind und einem Dienstleister wie der Agentur wird es nur selten gelingen, einen Kunden zu ändern.
Darum ist es wichtig, ein präzises Suchraster zu entwickeln, bevor man potenziell interessante Kunden ins Visier nimmt beziehungsweise Pitchangebote annimmt. In meinem Whitepaper mit dem Titel «New-Business oder Bad Business? Die ultimative New-Business-Checkliste.» habe ich etwas ausführlicher beschrieben, wie man sich eine hilfreiche Checkliste anlegt, mit deren Hilfe man New-Business-Chancen objektiver einschätzen und entscheiden kann, sich an Pitches zu beteiligen oder nicht. Dort finden Sie auch eine entsprechende Vorlage, die Sie für Ihre Agentur ganz nach Bedarf anpassen können. Hier möchte ich ein paar generelle Kriterien für Ihren Entscheidungsprozess anführen, die Ihnen künftig helfen können, die Spreu vom Weizen zu trennen und Ihre wertvollen und meist begrenzten Ressourcen auf die wirklich attraktiven Neugeschäftskanditaten zu konzentrieren aus denen dann nachhaltige, profitable Kunden werden:
- Suchen Sie nach Kunden, die ausreichend Erfahrung in der Zusammenarbeit mit professionellen Kreativdienstleistern haben. Kleine, mittelständische Unternehmen lassen sich vermeintlich leichter gewinnen (siehe Oktoberfest), stellen Agenturen aber oft sehr schnell vor erhebliche Probleme, da die Entscheider dort in der Regel weder gute Briefings geben, noch gewohnt sind, kreative, mutige Lösungen objektiv zu beurteilen.
- Sehen Sie zu, dass potenzielle Neukunden beziehungsweise das voraussichtliche Income aus solchen Kunden perfekt in Ihr Portfolio passt. Was das konkret bedeutet, lesen Sie in meinem Beitrag: «When size matters – Das perfekte Kundenportfolio für Agenturen.”.
- Verlangen Sie, dass potenzielle Neukunden Ihnen eine realistische Einschätzung des zur Verfügung stehenden Budgets beziehungsweise des zu erreichenden Agenturincomes geben, bevor Sie entscheiden in die Gewinnung dieses Kunden zu investieren. Kunden, die fragen;: «Was müssen wir denn ungefähr ausgeben?», disqualifizieren sich damit als unprofessionell oder mindestens unerfahren und sind generell mit Vorsicht zu betrachten.
- Bevorzugen Sie Werbungtreibende, die klare Entscheiderstrukturen in ihren Unternehmen installiert haben. Nichts ist schlimmer und vor allem aufwendiger, als die vielen Extrarunden, die Sie als Agentur drehen müssen, wenn immer wieder neue Entscheider ins Boot geholt werden.
- Sehen Sie zu, dass potenzielle Kunden akzeptieren, dass designierte Spezialisten auf der operativen Ebene die alltäglichen Ansprechpartner auf den Projekten sind und nicht das Managementteam der Agentur. Kunden, die «Chefbehandlung» erwarten drücken den Gewinn und sind in der Regel schneller unzufrieden.
- Zielen Sie auf Kunden, die die spezielle Expertise und Erfahrung Ihrer Agentur (zum Beispiel in einem speziellen Marktsegment oder Kommunikationskanal) wertschätzen. Spezialisten werden in der Regel höher geschätzt und besser bezahlt als Allrounder.
- Achten Sie auch auf die Kreditwürdigkeit potenzieller Neukunden. Nichts ist frustrierender, als ein mit viel Aufwand neu gewonnener Kunde dessen Zahlungsmoral unterirdisch ist und bei dem Sie Totalausfälle fürchten müssen.
- Bevorzugen Sie Werbungtreibende, die bekannt dafür sind, mutige, kreative Lösungen zuzulassen. Das ist gut für die Reputation Ihrer Agentur und für die Motivation des Teams und letztlich auch gut für den gemeinsamen Erfolg.
- Schauen Sie, dass es Spaß macht, mit dem potenziellen Neukunden zu arbeiten, dann geht vieles leichter und besser.
- Achten Sie darauf, dass der potenzielle Kunde kein Problem damit hat, dass seine Agentur Gewinn macht und wirtschaftlich erfolgreich ist. Mit Schnäppchenjägern und Geizhälsen werden Sie auf lange Sicht nicht glücklich.
Auch wenn in harten Zeiten, wie diesen, jede vermeintliche Neugeschäftschance hochattraktiv scheint, lohnt der Aufwand in die objektive Betrachtung der Pros und Cons, bevor erhebliche Ressourcen in die Gewinnung des Kunden investiert werden. Sind Sie erst einmal verheiratet, stehen Ihre Chancen schlecht, den Partner noch grundlegend zu ändern.