Eigendlich ein No-Brainer: Der Erfolg jedes Meetings, jedes Projekts steht und fällt mit derVorbereitung. Sprechen wir hier von dem ersten und wichtigen Meeting mit einem potenziellen neuen Kunden, dem so genannten Chemistry-Meeting. Es schockiert mich immer wieder mit welcher sorglosen Leichtigkeit und fahrlässigen Routine viele Agenturen in diese wichtigen Meetings gehen. Da wird dann die Standard-Power-Point-Credential-Präsentation auf den Laptop geladen, ein paar präsentable und verfügbare Mitarbeiter ins Auto gesteckt und die dann auf der Fahrt zum prospektiven Kunden kurz auf den Stand gebracht. Die "Präse" kann man ja ohnehin im Schlaf und der Rest lässt sich prima improvisieren. Sind ja alles Profis an Bord. Wird schon schief gehen!
Schief gehen kann und wird mit dieser Einstellung einiges. Denn niemand weiß, was der potenzielle Neukunde sich von dem Meeting eigentlich erwartet. Keiner hat eine Ahnung vom Zeitkontingent und der Agenda des Werbetreibenden. Niemand hat sich eingehender mit den spezifischen Herausforderungen der Marke oder des Marktes beschäftigt. Man ist im Blindflug, was die Vitae der Entscheider und die Historie der Marke angeht. So wird das nichts! Das können Sie besser.
Darum hier die wichtigsten Hausaufgaben und Vorbereitungen, die man erledigen sollte bevor man den potenziellen Auftraggeber das erste Mal trifft:
- Erwartungen erfragen.
Fragen Sie den Werbetreibenden, was genau er von diesem ersten Meeting mitnehmen möchte. Was interessiert ihn, über die Agentur zu erfahren? Was möchte er über das Team lernen? Möchte er die Agentur beziehungsweise die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sehen? Professionelle Kunden haben sich nämlich bereits vor dem ersten Treffen mit potenziellen Agenturpartnern kluge Gedanken darüber gemacht, was ihre Ziele für das Chemistry-Meeting sind. Sie haben in der Regel eine detaillierte Checkliste zur Bewertung des ersten Treffens. Fragen sie danach!
- Agenda klären.
Klären Sie explizit, den Zeitrahmen und die Agenda des Kennenlern-Meetings. Schließlich wollen Sie weder, dass Sie der Kunde in Ihrer Präsentation unterbricht, um auf das nahende Ende des Meetings hinzuweisen, noch, dass zu wenig Zeit bleibt, wichtige Fragen an den Kunden zu stellen.
- Fragen fragen.
Apropo Fragen: Planen Sie ausreichend Zeit ein, um dem Kunden schlaue Fragen zu stellen und damit auch demonstrieren zu können, dass Sie sich mit seinen spezifischen Herausforderungen bereits auseinander gesetzt haben. Mehr zu diesem Thema auch in dem nächsten Post "Selbstverliebte Leistungsschau, statt gewiefter Fragestunde." Nehmen Sie sich bitte für Ihre Fragen besonders viel Zeit in der Vorbereitung. Sinnsätze, wie "Wer fragt, führt." und "Wer fragt, gewinnt." haben besonders in Kennenlern-Meetings viel Wahres. Überlegen Sie sich im Team kluge Fragen und verteilen Sie im Vorfeld die Rollen des Fragers. Welche Fragen stellt der Geschäftsführer, welche der Berater und welche der Kreative?
- Heimvorteil ausnutzen.
Versuchen Sie das Kennenlern-Meeting in Ihren Agenturräumen abzuhalten. Hier können den Heimvorteil ausspielen und der Kunde kann Sie in Ihrem natürlichen "Habitat" kennenlernen. Ausserdem machen Sie Ihren Controller glücklich, denn Sie sparen Reisezeit und -kosten!
- Willkommen heißen.
Zeigen Sie dem potenziellen Kunden, dass er Ihnen wichtig und willkommen ist. Ich musste erleben, dass man uns über 15 Minuten im Empfang warten ließ und dann bei Betreten des ungelüfteten Meeting-Raums noch hektisch die Überreste der letzten Besprechung wegräumte. Erwarten Sie die Delegation des Werbetreibenden bereits am Empfang. Sorgen Sie für einen gut gelüfteten, gut präparierten Konferenzraum.
- Angemessen bewirten.
Catering wird überbewertet. Jeder Besucher freut sich über ein Heiß- oder Kaltgetränk, aber überladenene Platten mit Gourmet-Schnittchen braucht niemand. Zumal die Dinger dann ohnehin meist schwer zu essen sind und sich niemand im ersten Meeting blamieren möchte. Eine Kanne guter Filterkaffee und eine Kanne Teewasser reichen völlig aus. Das unvorsichtige Angebot von Kaffeespezialitäten hat schon so manchen guten Start ins Meeting zum Fehlstart gemacht, wenn die überforderte Assistentin hereinplatzt und versucht, georderte Marocchinos, Latte Macchiatos, Cappuccinos und Decaf Espressos etc. den richtigen Gästen zuzuordnen.
- Teilnehmer klären.
Klären Sie, wer an dem Kennenlern-Meeting von Kundenseite teilnehmen wird. Und – sofern das Meeting in Ihren Räumen stattfindet – sorgen Sie für einen Meeting-Raum in adäquater Größe. Zu kleine Räume sind unangenhem, zu große auch. Klären Sie auch, wen beziehungsweise welche Funktionen der potenzielle Kunde von Ihrer Seite erwartet. Manche Kunden möchten explizit mit der Geschäftsführung sprechen, andere wollen das Team kennenlernen, das später für sie arbeiten würde.
- Entscheider recherchieren.
Wenn Sie nun wissen, mit wem Sie es zu tun haben werden, recherchieren Sie deren Vita. Soziale Netzwerkplattformen sind hier hilfreich, besonders wenn Sie Kontakte in Ihrem Netzwerk haben, die die Entscheider beim potenziellen Kunden schon kennen. So können Sie besser einschätzen, was Sie erwartet, welche "Klippen" Sie besser umschiffen und worauf der Neukunde wahrscheinlich besonderen Wert legt.
- Herausforderungen kennen.
Wenn Sie schon in der Recherche sind, sollten Sie Google und Co. jetzt auch noch in Sachen Marke, bisherige Kommunikationsstrategie, Medienverhalten, Werbehistorie und Trends sowie potenzielle Herausforderungen des spezifischen Marktes bemühen. Jeder Kunde erwartet, dass sich eine potenzielle neue Agentur mit diesen Dingen beschäftigt hat. Und, wie wollen Sie kluge Fragen stellen, wenn Sie noch im Blindflugmodus sind?
- Case-Studies* nutzen.
Falls Sie Case-Studies präsentieren wollen (und Kunden lieben Case-Studies, sofern Erfolge quantifizierbar sind und der Anteil der Agentur an diesem Erfolg beweisbar ist), überlegen Sie sich, welche Relevanz der spezifische Case für den Markt des potenziellen Neukunden haben könnte.
- Nichts im Unklaren lassen.
Bevor Sie Ihre Besucher verabschieden, fragen Sie ob noch Fragen unbeantwortet blieben und nach den nächsten Schritten beziehungsweise dem Timing dahinter, damit Sie gegebenenfalls rechtzeitig nachfassen können.
Und bitte denken Sie daran: Nirgends ist dieser Satz so war, wie im Pitch-Business: "There's no second chance to make a first impression."
Dieser Beitrag ist Teil einer Reihe von Post unter dem Dachthema "Die 10 fatalsten Pitch-Fehler", die Sie vielleicht auch interessant und hilfreich finden.
*Mehr dazu, warum Case-Studies zu Ihren wichtigsten New-Business-Tools gehören sollten, wie man überzeugende Case-Studies schreibt und wie man sie optimal einsetzt, um neue Kunden zu gewinnen, lesen Sie in folgenden Beiträgen:
- "Seid einzigartig und mehret euren Erfolg!"
- "Pimp my Case – Wie Sie Ihre Case-Stories so aufbereiten, dass jeder sie lesen will."
- "Die 4 wichtigsten Bausteine wirklich überzeugender Fallstudien."
- "Fallstudien sind Chefsache!"
- "Stumme Verkäufer – Wie sich Case-Studies in den Agentur-Selektionsprozess der Werbetreibenden eingliedern."
- "Sorgenkind Fallstudie – 5 Barrieren für Case-Stories, die es zu überkommen gilt."
- "Die meisten Case-Stories sind Müll. Warum eigentlich?"
- "Wunderwaffe Case-Story – Die 10 Erfolg versprechendsten Einsatzgebiete für Fallstudien in Agenturen."