Gerade rief mich ein sehr geschätzter, früherer Agenturkollege an, um sich bei mir darüber auszukotzen, dass er mal wieder gegen eine Wand aufgeklappter DELL Laptops präsentieren musste, hinter denen sich vermeintliche Entscheider versteckten und wahrscheinlich lieber ihre E-Mails checkten, als seiner Präsentation zu lauschen. Da ich ihn gut kenne und für einen sehr erfahrenen und durchaus mitreißenden Präsentator halte, der in der Regel Interessantes zu erzählen hat, kann das unschöne Verhalten der potenziellen Neukunden eigentlich kaum der Langeweile geschuldet gewesen sein.
Auch ich erinnere mich an eine legendäre Pitchpräsentation: Ich präsentierte im Auftrag einer renommierten Agentur die strategischen Gedanken hinter der Kreativempfehlung für eine große internationale Modehandelskette. Und im Kreis der Entscheider mir gegenüber wurden emsigst Laptoptastaturen bearbeitet und Handys verstohlen unterm Tisch bedient. Selbst auf meinen (provokativ gemeinten) Hinweis hin, man müsse gar nicht mitschreiben, ich würde unsere strategischen Überlegungen als Skript hinterlassen, blieben die Laptops offen, die Handys in der Hand. Erst als ich eine Weile später meine Präsentation abrupt unterbrach, um nach einer dramaturgischen Kunstpause darauf hinzuweisen, dass wir uns sehr viel Mühe mit der Ausarbeitung unserer Empfehlung gemacht hätten, eigentlich davon ausgegangen seien, das Thema Markenkampagne sei von großer Wichtigkeit und Tragweite für den künftigen Erfolg des Unterhemens und ich deswegen um die gebotene Aufmerksamkeit bitten würde, wurden die Laptops verstört zugeklappt, die Handys verstohlen eingesteckt und ich hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit der Entscheider. Endlich!
Schon fast vergessen die «goldenen» Zeiten, als sich die Kunden in einer Präsentation noch voll und ganz dem Vortragenden hingaben, statt auf ihren mitgebrachten Laptops und Smartphones Mails und den Facebook-Status zu checken oder Games zu spielen. Verstehen Sie mich jetzt bitte nicht falsch. Ich gehöre überhaupt nicht zu den ewig Gestrigen, die sich immer nur die «guten, alten (analogen) Zeiten» der Werbung zurückwünschen, als man in Mad-Men-Manier und roten Hosenträgern noch zwischen zwei Flipcharts hin und her lief, um den gebannt Zigarette-rauchenden Zuhörern seine mehr oder weniger genialen Ideen zu präsentierte. Mir ist völlig klar, dass in vielen Unternehmen, digitale Geräte längst auch in Meetings Stift und Papier ersetzt haben und gepowered von sinnvollen Protokollierungs- und To-do-Apps die Produktivität und Geschwindigkeit der Prozesse steigern helfen (Siehe auch mein Beitrag «Wie man mit intelligenten Meeting-Protokollen künftig Zeit spart.»). Ich möchte hier nur gegenüber den Zuhörern von Strategie-, Kreativ- oder sonst welchen Präsenationen dafür plädieren, diese Geräte in Meetings nicht zweckzuentfremden und den Vortragenden Tipps an die Hand geben, die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer zurückgewinnen zu können.
Einer der besten und überzeugendsten Plädoyers für laptopfreie Meetings (in den USA auch «Topless Meetings» genannt, findet sich in dem «Fast Company»-Beitrag «How To Get Employees To Plug In To Your Meeting And Not Their Devices»
«Bring your own device» (BYOD), also das Mitbringen und Nutzen von digitalen Mobilgeräten, wie Laptops, Tabletts und Smartphones, zu und in Meetings war jahrelang ein Trend gerade in US-amerikanischen, internationalen Unternehmen. Und wie so oft ist auch dieser vermeintliche Fortschritt inzwischen längst in bundesdeutschen Meetings angekommen. Statt mit Stift und Notizblock kommen auch hierzulande immer mehr Teilnehmer digital «bewaffnet» in unsere Meetings als vermeintlich fortschrittsfördernde Produktivitätsritter. Wer hier noch Stift und Papier, statt Tastatur und Smartpen benutzt, läuft Gefahr als «old school» durchs Raster zu fallen.
Darüber ob und unter welchen Umständen die Nutzung digitaler Mobilgeräte und entsprechender Apps allgemeine Meetings produktiver machen können oder auch nicht gibt es inzwischen viele teilweise auch gute Artikel (siehe oben).
Hier in diesem Beitrag möchte ich darlegen, warum ich überzeugt davon bin, dass Präsentationen als Sonderform von Meetings zur mobilgerätefreien beziehungsweise «Topless»-Zone erklärt gehören und Vortragenden in solchen Präsentationen ein paar Tipps geben, wie man die BYOD-Kultur eines Kunden zumindest zeitweise wirkungsvoll außer Kraft setzt und wie man es als Referent anstellt, die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer zurück zu erlangen, um eine störungsfreie und überzeugende Präsentation sicherstellen zu können.
Warum Präsentationen zur mobilgerätefreien Zone erklärt gehören.
1. Laptops (Tablets / Smartphones) lenken vom Wesentlichen ab.
Sie sind als Gäste beziehungsweise Zuhörer einer Präsentation geladen, um den Ausführungen und Empfehlungen des beziehungsweise der Referenten konzentriert zu lauschen, sich eine professionelle Meinung zu bilden, ggfs. Fragen zu klären und auf der Basis der Präsentation Entscheidungen zu fällen, die zum Teil weitreichenden Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung Ihres Unternehmens haben können. Zugegeben, es gibt sie in fast jeder Präsentation, diese langweiligen Momente, in denen man längst glaubt zu wissen, was als Nächstes kommt und die einen in Versuchung bringen, noch mal schnell die Mails zu checken, eine kurze IM zu schicken oder den Progress auf Basecamp zu prüfen. Aber ehe Sie es sich versehen, haben Sie einen wichtigen Gedanken, ein schlagendes Argument oder ein wichtiges Detail verpasst. Nachfragen würde Ihre Unaufmerksamkeit entlarven, und ehe Sie sich versehen, wackelt das Fundament Ihrer professionellen Meinungsbildung gewaltig. Nur, wer sich wirklich auf den Vortrag konzentriert kann anschließend kluge Fragen stellen, sich eine fachkundige Meinung bilden und überlegte Entscheidungen treffen.
2. Multitasking reduziert Ihre Produktivität.
Dass Multitasking ein Produktivitätsbremser, statt -beschleuniger ist, dürfte inzwischen hinlänglich bewiesen worden sein. Falls nicht, empfehle ich zum Beispiel diesen Artikel in der Zeit-online. Wenn Sie Ihre E-Mails während der Präsentation bearbeiten, wandert Ihre Aufmerksamkeit zwischen beiden Aufgaben ständig hin und her und verliert bei jedem Übergang wertvolles Produktivitätspotenzial und Sie erledigen beide Aufgaben (also E-Mails-Bearbeiten und der Präsentation folgen) mit jeweils signifikant weniger als 50 Prozent. Wer Ablenkung der Fokussierung vorzieht, kann keine wertvollen Beiträge mehr leisten.
3. Offene Laptops und Smartphonegetippe sind schlechtweg unhöflich.
Wenn Sie sich lieber mit Ihrem digitalen Gerät beschäftigen, als aufmerksam zuzuhören signalisieren Sie dem Präsentator automatisch Geringschätzung. Er meint, dass Sie sich langweilen, und glaubt, dass er Ihrer Aufmerksamkeit nicht wert ist. Schließlich signalisieren Sie, dass Ihnen Andere oder Anderes weit mehr Wert ist, als der Redner und sein heutiges Thema.
Wie Sie unnötige Ablenkungen in Präsentationen vermeiden und Ihre Produktivität steigern.
- Bleiben Sie im Hier und jetzt. Lassen Sie alle anderen Themen, Aufgaben und Herausforderungen vor der Tür zum Meetingraum. Freuen und konzentrieren Sie sich ausschließlich auf das Thema und Ziel des Meetings und den beziehungsweise die Vortragenden.
- Beachten Sie die neuen Höflichkeitsregeln für digitales Notieren, Protokollieren und Aufgabenverteilen:
- Soweit möglich weisen Sie den Präsentator darauf hin, dass Sie Laptop (Tablett beziehungsweise Smartphone) ausschließlich dazu nutzen, sich Notizen zu machen, das Protokoll zu schreiben oder Aufgaben zu notieren und zu verteilen.
- Schließen Sie konsequent alle Apps, die nicht Ihren Notizen, dem Protokoll oder der Aufgabenerfassung und -verteilung dienen.
- Klappen Sie Ihr Laptop zu, wann immer Sie es nicht nutzen. Drehen Sie Ihr Smartphone auf den Bildschirm oder schalten Sie es aus, wenn Sie es für das Meeting gerade nicht benötigen.
- Fragen Sie, ob ein Skript der Präsentation zur Verfügung gestellt werden kann, um unnötige Notizen zu vermeiden.
- Geben Sie dem guten alten Notizblock noch mal eine Chance.
«Old School» ist ja nicht immer das Schlechteste. Geben Sie dem guten, alten, analogen Notizblock eine Chance. Mehr brauchen Sie eigentlich nicht, um einer Präsentation konzentriert folgen und Notizen machen zu können. Ich bin da zwar kein Experte, kenne aber einige Studien, die nahe legen, dass sich Notizen mit Stift und Papier besser einprägen, als digital erzeugte. Und wer es vermeiden möchte, Notizen später noch einmal abtippen zu müssen, dem empfehle ich die vielen, sehr guten Scanner-Apps (auch fürs Smartphone), die analoge Notizen schnell und einfach in digitale verwandeln, die sich dann sogar nach Inhalten durchsuchen lassen (Scanable und Evernote sind ein kongeniales Duo hierfür und meine langjährigen Favoriten).
Warum Laptops die Meetingkultur zerstören können, beschreibt ein kurzer Beitrag auf www.workingoffice.de sehr anschaulich, beschreibt die Vorteile des guten alten Stift-und-Papier-Systems und bietet sogenannte Smartpen-Lösungen als zeitgemäßen Kompromiss an.
Wie Referenten den Aufmersamkeitswettbewerb gegen digitale Geräte gewinnen können.
- Sehen Sie sich als Vortragender einem Publikum gegenüber, dass sich mit Laptops, Tabletts oder Smartphones bewaffnet hat, sprechen Sie Ihre Bitte, während der Präsentation auf die Nutzung dieser Digitalgeräte zu verzichten, gleich am Anfang Ihres Vortrags proaktiv und offen an. Nutzen Sie die wichtigsten Argumente aus diesem Beitrag, als Begründung Ihrer möglicherweise überraschenden und nicht immer ganz konfliktfreien Bitte.
- Bieten Sie noch vor Beginn Ihrer Präsentation an, den Zuhörern ein vollständiges Skript des Vortrags zum Beispiel als PDF zur Verfügung zu stellen, damit man sich unnötige Notizen ersparen kann.
- Tragen Sie Sorge dafür, dass es ausreichend analoge Notizmöglichkeiten (Blocks und Stifte) im Konferenzraum gibt.
- Animieren Sie Ihre Zuhörer, Ihren Vortrag jederzeit zu unterbrechen, sollte Inhalte bekannt, nicht relevant oder für die Zuhörer einfach uninteressant sein.
- Arbeiten Sie Ihre Präsentation rhetorisch, dramaturgisch und didaktisch optimal für Ihre Zuhörer auf, präsentieren Sie mit Herzblut und nach allen Regeln der Präsentationskunst, beziehen Sie Ihre Zuhörer wann immer möglich mit ein und bereiten Sie Ihre Präsentation optimal vor. Am Ende dieses Beitrags finden Sie Links zu weiteren Posts, die Ihnen Tipps geben, wie Sie Ihre Präsentationen optimal vorbereiten und abliefern.
Wenn sich beide Seiten, also die Vortragenden und deren Zuhörer nur ein paar der wichtigsten Regeln und Tipps in Bezug auf digitale Geräte in Meetings und bei Präsentationen zu Herzen nehmen sollte es gelingen, künftige Präsentationen in produktive und spannende Meetings zu verwandeln und Frust zu vermeiden.
Tipps, wie Sie Ihre Präsentation optimal vorbereiten und halten, damit Ihre Zuhörer gar nicht mehr auf die Idee kommen, sich mit ihren Laptops abzulenken, bekommen Sie in meinen Beiträgen:
- «Tod durch PowerPoint – Oder einfach mal anders präsentieren.»
- «Wie Sie mit Don Draper Ihren nächsten Pitch gewinnen.»
- «Steve Jobs: 10 Tipps die Ihre New-Business-Präsentationen besser machen.»
- «Pitch-Fehler #9: Gottvertrauen, statt Eintrainieren.»