Wenn Sie die Einladung zu Ihrem nächsten Pitch auf dem Tisch haben, gibt es mindestens drei alternative Möglichkeiten zu reagieren:
1. Sie bedanken sich artig und lehnen die Teilnahme höflich, aber bestimmt ab. Bravo! Sie haben Rückrad und Haltung bewiesen. Manch potenzieller Kunde wird beeindruckt sein, ob Ihrer Souveränität. Ob Ihr CEO das allerdings genau so positiv sieht, merken Sie spätestens, wenn Sie zum One-on-One in sein Büro gebeten werden. Wenn Sie Argumentationshilfe benötigen, warum es durchaus Sinn machen kann, auch mal einen Pitch abzulehnen, werfen Sie doch einen Blick in mein Whitepaper "New Business oder Bad Business?", inklusive New-Business-Checkliste.
2. Sie fackeln nicht lange und sagen Ihre Teilnahme begeistert zu. Nun gut! Jetzt sind Sie einer von x Bewerber um den begehrten Etat, werden substanzielle Ressourcen in den Pitch investieren, haben aber so gut wie keine Kontrolle mehr über den weiteren Entscheidungsprozess. Dort, wo Sie doch eigentlich Architekt der erfolgreichen Zukunft Ihres potenziellen Kunden sein sollten, sind Sie zum gefügsamen Werbehandwerker geworden und der Weg zurück wird Ihnen auch später nicht mehr gelingen.
3. Sie versuchen einfach, den Pitch zu umgehen, Kontrolle über den weiteren Entscheidungsprozess zu gewinnen und den potenziellen Kunden an Land zu ziehen, ohne sich in eine Reihe mit den anderen Bewerbern stellen zu müssen. Wie Sie das am besten anstellen, werde ich hier weiter unten erläutern.
Die Haltung zu Pitches (und ich meine hier den üblichen, meist unbezahlten, klassischen Pitch mit drei oder mehr Bewerbern) teilt die Agenturlandschaft in zwei Lager: Da gibt es die furchtlosen New-Business-Jäger. Desperados, die voller Selbstbewusstsein hinter jeder Pitch-Aufforderung die große Chance wittern. Und im anderen Lager diejenigen, die in solchen Pitchaufforderungen ein hochunmoralisches Anliegen sehen, die übliche Pitch-Praxis sowie die Werbungtreibenden dahinter, voll frustrierter Emotionen, wo immer es geht, an den Pranger stellen, um dann meist trotzdem teilzunehmen.
Ich persönlich halte die gängige Pitch-Praxis der Werbungtreibenden weder für unmoralisch noch unethisch, sondern vielmehr für ein zunächst valides und verbreitetes Selektionsverfahren für potenzielle Geschäftspartner in einer freien Marktwirtschaft, das letztlich nur dem bewährten Prinzip von Angebot und Nachfrage folgt.
Allerdings bin ich zutiefst überzeugt davon, dass der klassische Pitch in den meisten Fällen ein für beide Seiten höchst ineffizienter und Ressourcen vernichtender Prozess ist. (Mehr darüber und zu effizienteren Alternativen zum klassischen Pitch in meiner Beitragsreihe unter dem Titel "Besser-Pitchen (1) – Warum es Zeit wird, für ressourcenschonendere Pitch-Alternativen".)
Doch nun zu den weiter oben versprochenen Methoden, um einen Pitch vielleicht umgehen und den begehrten Etat ohne direktes Kräftemessen (oder sollte ich besser sagen Kräfteverschwenden) gewinnen zu können. So ungewöhnlich dieser Vorschlag vielleicht für Sie klingt, es funktioniert. Nicht immer, aber häufiger, als Sie vielleicht meinen. Einen Versuch sollte es Ihnen allemal Wert sein.
Hier sind Ihre taktischen Optionen im Kampf gegen den drohenden Pitch und Ihre direkten Mitbewerber:
1. Versuchen Sie den potenziellen Neukunden (natürlich kann der potenzielle Kunde auch eine potenzielle Kundin sein) davon abzubringen, seine Idee eines klassischen Pitchs umzusetzen. Machen Sie ihm ein attraktives Angebot, dass kein oder nur geringes Risiko für ihn birgt. Überzeugen Sie ihn von den wirtschaftlichen Vorteilen ressourcenschonender Pitchalternativen. (Mehr zu effizienteren Alternativen zum klassischen Pitch in meiner Beitragsreihe unter dem Titel "Besser-Pitchen (1) – Warum es Zeit wird, für ressourcenschonendere Pitch-Alternativen".). Wenn Sie sich hier wider Erwarten die Zähne ausbeißen, versuchen Sie eine der nächsten Optionen:
2. Fordern Sie den potenziellen Kunden heraus. Überzeugen Sie ihn , dass er seine Situation beziehungsweise die individuellen Herausforderungen (so, wie im Pitch-Briefing dargestellt) möglicherweise falsch einschätzt, und bieten Sie an, das Briefing zusammen mit ihm neu zu schreiben. Damit übernehmen Sie die Kontrolle über den weiteren Prozess und setzten sich von Anfang an positiv vom "Fußvolk" der anderen, fügsamen Pitchteilnehmer ab.
3. Ringen Sie ihrem potenziellen Kunden Zugeständnisse ab. Bringen Sie den Werbetreibenden dazu, für Ihre Agentur Dinge zu tun, die er für die Mitbewerber nicht bereit ist zu tun. Versuchen Sie sich einen Informationsvorsprung zu sichern. Vereinbaren Sie ein exklusives Schulterblick-Meeting mit den Pitch-Entscheidern, laden Sie die Entscheider zu einem halbtägigen Workshop ein. Werden Sie kreativ und kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit falsch verstandener Fairness.
4. Versuchen Sie exklusive "Value-Time" mit den relevanten Entscheidern zu bekommen. Nutzen Sie diese Zeit, um eine Beziehung, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und mehr (als Ihre Mitbewerber) über deren individuelle Herausforderungen, Pain-Points, Einstellungen und Entscheidungskriterien zu erfahren.
Also noch einmal für Sie zusammengefasst:
1. Prüfen Sie die potenziellen Chancen und Risiken jedes Pitchangebots anhand einer auf Ihre Agentur abgestimmten New-Business-Checkliste (ein Beispiel finden Sie in dem oben genannten Whitepaper).
2. Wenn die potenziellen Chancen, die Risiken überwiegen, versuchen Sie immer zunächst einen Pitch komplett zu umgehen, indem Sie attraktive Alternativangebote unterbreiten.
3. Gelingt Ihnen das nicht, versuchen Sie den klassischen Pitchprozess wenigstens "umzulenken" in eine ressourcenschonendere Alternativvariante.
4. Wenn der potenzielle sich Ihr potenzieller Kunde auch hier stur stellt, verschaffen Sie sich aktiv wertvolle Wettbewerbsvorteile und versuchen Sie den Entscheidungsprozess soweit möglich unter Ihrer Kontrolle zu behalten.
Wenn das alles neu ist für Sie, aber spannend, dann rufen Sie doch gleich mal beim New Business Doctor an und lassen Sie durch Ihren nächsten Pitch zum Erfolg coachen.