«Nichts ist so beständig, wie die Veränderung.» ist eine Binse, die wohl für kaum eine andere Branche so zutreffend ist, wie für die Werbung. Gelten doch Flexibilität und deren hippe Schwestern Agilität und Disruption gerade im Kommunikationsbusiness als von den Werbungtreibenden inzwischen erwarteten Eigenschaften ihrer Agenturen. Aber: Veränderung ist so lange gut, bis sie es halt nicht mehr ist.
Einerseits verlangt die werbetreibende Industrie von ihren Agenturen, dass sie die Rolle der Veränderungskatalysatoren und Disruptionsagenten spielen, andererseits reagieren viele Auftraggeber extrem negativ und heftig auf Veränderungen in den Agenturen selbst. Neuerungen wie Fusionen und Zukäufe, große Etatgewinne oder -verluste und Personalwechsel haben direkten Einfluss auf die Qualität der Zusammenarbeit und die Kundenagenturbeziehung. In Kombination mit den disruptiven Veränderungen der kommunikationsrelevanten Technologien, und Medien kann Veränderung auch ganz schnell zu Überforderung auf Kundenseite führen und die Beziehung nachhaltig belasten.
Viel zu häufig verlieren sich Agenturchefs darin, mit dem immer schnelleren Wandel der Technik und Branche mitzuhalten und die notwendigen Veränderungsprozesse innerhalb der Agentur zu managen und merken gar nicht, dass die Beziehung zu wichtigen Auftraggebern schon längst auf sehr wackeligen Beinen steht.
Auftraggeber werden nervös, wenn:
... Agenturen fusionieren:
Ein ehemaliger Werbung treibender Kunde klagte mir neulich sein Leid: «Zunächst haben sie mir alle möglichen Vorteile aus der Fusion meiner inhabergeführten Agentur mit einem internationalen Network versprochen, aber urplötzlich war ich nur noch ein kleiner Fisch und die Zusammenarbeit ein einziges Chaos.» Jetzt sei er wieder bei einer inhabergeführten Agentur, dort ein großer, angesehener Kunde und fühle sich endlich wieder gut betreut.
.... wichtige Mitarbeiter häufig wechseln:
»Unsere Kunden haben sich für eine renommierte Agenturmarke entschieden, nicht für bestimmte Mitarbeiter», waren die Worte eines unerfahrenen Agenturgeschäftsführers, um seine kopflosen Personalrochaden vor mir zu rechtfertigen. Sechs Monate später waren drei langjährige Kunden bei anderen Agenturen und er seinen Job los.
... projektkritische Prozesse «optimiert» werden:
Ein Werbungtreibender, der mich um Hilfe bei der Suche nach einer neuen Agentur bat, erzählte mir, dass seine aktuelle Agentur «... ein hochmodernes Customer-Relationship- und Projektmanagementsystem angeschafft, damit aber die persönlich Kundenbetreuung weitgehend abgeschafft ...» und ihn, den Auftraggeber genötigt habe, seinen Arbeitsstil dem neuen, agilen System anzupassen.
... Agenturen ihr Angebotsportfolio erweitern:
«Seit sie diese Story-Telling-Agentur hinzugekauft haben, will man uns ständig diese neuen Services verkaufen. Die wollen doch nur die neuen teuren Leute beschäftigen und brauchen uns als Versuchskaninchen.», so ein anderer ehemaliger Kunde von mir zur misslungenen «Cross-Selling-Strategie» meines alten Arbeitgebers.
Immer wieder spreche ich mit Werbungtreibenden, die in den laufenden Veränderungsbemühungen ihrer Agenturen überhaupt keinen Vorteil für ihr eigens Geschäft und schon gar nicht für die Zusammenarbeit mit ihrer Agentur erkennen können. Sie sind mindestens skeptisch, wenn nicht hochgradig genervt von diesem aus ihrer Sicht nutzlosen «Innovationen» auf Agenturseite. Agenturmanager müssen lernen, ihren Kunden unvermeidliche Veränderungen proaktiv, frühzeitig und positiv zu verkaufen. «Change Management» eben.
Hier kommen meinen 5 Tipps für Ihr Change-Management:
1. Sensibilität
Setzen Sie sich (mental) an den Schreibtisch Ihrer Auftraggeber und machen Sie sich bewusst, was die anstehende Veränderung für Ihren Kunden bedeutet. Auf allen Managementebenen. Versuchen Sie potenzielle Einwände und Vorurteile (egal ob begründet oder nicht) vorauszusehen und zu adressieren beziehungsweise abzubauen.
2. Kommunikation
Kunden akzeptieren Veränderungen eher, wenn sie frühzeitig und umfassend informiert werden. Kommunizieren Sie rechtzeitig mit entsprechenden Timelines, sodass Ihre Auftraggeber sich rechtzeitig auf Veränderung einstellen können. Und vergessen Sie bloß Ihre eigenen Leute nicht. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter mindestens parallel mit Ihren Kunden und genau so umfassend informiert und von den Vorteilen der Veränderung überzeugt sind. Nichts ist schlimmer, als wenn Ihre Mitarbeiter noch Benzin in die Feuer Ihrer Auftraggeber kippen.
3. Zusammenarbeit
Wenn immer möglich beziehen Sie wichtige Auftraggeber frühzeitig in den Change-Prozess mit ein. Stimmen Sie Projekttimings mit ihnen ab. Schließlich wollen Sie durch die Veränderung sein Dienstleistungserlebnis verbessern, nicht ihm zusätzliche Probleme bereiten.
4. Konsequenz
Sobald Sie eine wichtige Veränderung angekündigt haben, gibt es kein Zurückrudern mehr. Nichts ist belastender für die Kunden-Agenturbeziehung, als vollmundig angekündigte und zugesagte Optimierungsprozesse, die dann nicht umgesetzt werden.
5. Zuversicht
Ihre Agentur hat hart dafür gearbeitet, das Vertrauen Ihrer Kunden zu gewinnen. Erschüttern Sie es nicht, durch schlecht gemanagte Veränderungsprozesse. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kunde schon sehr früh im Prozess positive neue Erfahrungen sammeln können, um zu beweisen, dass laufende Optimierung einen Nutzen für beide Seite hat.
Laufende Veränderung, Optimierung und Anpassung an sich wandelnde Rahmenbedingen sind eine unvermeidliche Notwendigkeit in Agenturen und auch deren Kunden sollten bestenfalls davon profitieren. Für das Management der Agentur liegen die Vorteile meist auf der Hand. Aber fragen Sie sich bitte immer auch, wie Ihre Kunden auf Veränderung reagieren werden. Oder besser: Fragen Sie sie selbst. Beziehen Sie Ihre Auftraggeber frühzeitig in den Change-Prozess mit ein und eröffnen Sie rechtzeitig den konstruktiven Dialog.
Und eine weitere Veränderung mit großem Nutzen für Alle könnte sein, sich beim nächsten Change-Prozess der kompetenten Beratung vom New Business Doctor zu versichern.
Mehr zum Thema «Change» beziehungsweise warum sich Agenturen ständig neu erfinden sollten, in meinem Beitrag «Müssen sich Agenturen wirklich schon wieder neu erfinden?».